Chronik

Die Vereinsgeschichte der Musikkapelle Leupolz weist etliche Besonderheiten auf, die wohl einzigartig in dieser Gegend sind. So ließ sich die Kapelle erst in jüngster Zeit beim Amtsgericht als Verein registrieren. Bis zu diesem Zeitpunkt wurden die Aktivitäten des Vereins nicht schriftlich festgehalten. Dennoch ist uns aber einiges über die Anfänge der Kapelle bekannt, was vor allem auf das reichlich vorhandene Material aus anderen Quellen zurückzuführen ist. Hier sind insbesondere die Unterlagen der ehemaligen Stiftungsverwaltung zu nennen.

Das älteste bekannte Zeugnis über das Wirken von Musikanten hier am Ort stammt aus dem Jahre 1771. In einem Buch, das mit „Verzeichnis aller Einnahmen und Ausgaben der löblichen Erbbruderschaft des heiligen Rosenkranzes“ überschrieben ist, findet man unter der Rubrik „Ausgab 1771“ folgendes zu lesen : “musicis pro labore annuo 2fl 24“, was sinngemäß übersetzt bedeutet : den Musikanten für ihre Bemühungen über das Jahr hinweg 2fl (Gulden) 24 (Kreuzer). Im selben Buch sind ähnliche Formulierungen zu finden für die Jahre 1772 bis 1777 und die Jahre 1781 bis 1784

Aus dem Zeitraum von 1820 bis 1885 liegt uns für beinahe jedes Jahr ein Verzeichnis der Ausgaben anlässlich des Fronleichnamsfestes vor. Diese einzelnen sind den jeweiligen Jahrbüchern der Stiftungspflege St. Laurentius, die in etwa der heutigen Kirchenpflege entspricht, lose beigefügt. In diesen Auflistungen ist auch jedes Malein Posten „für die Musikanten“ oder „den Musikanten jährlich“ zu finden. Bis 1872, also insgesamt über hundert Jahre lang, erhielten die Musikanten diesen Schriftstücken zufolge jedes Jahr den Beitrag von 2 Gulden 24 Kreuzer ausgezahlt. Erst dann wurde der Betrag beträchtlich angehoben.

Zu dieser alljährlichen Besoldung der Musikantenbedarf es noch einige Hinweise. Der betrag, den diese meist an Fronleichnam erhielten, war das Entgelt für die Einsätze, die sie das Jahr hindurch für die Kirchengemeinde zu spielen hatten, also beileibe nicht nur für das Fronleichnamsfest. In diesen Auflistungen ist bisweilen auch von „Chormusikanten“ die Rede. Es wird deutlich, dass es sich bei den allerersten Musikkanten keineswegs um Mitglieder einer eigenständigen Musikvereinigung handelte. Vielmehr wirkten sie beim Kirchenchor mit. Sie begleiteten diesen in erster Linie bei der Aufführung von Messen. Dieser Sachverhalt wird jedoch später nochmals aufgegriffen.

1896 wurde das 25-jährige Amtsjubiläum des Schultheißen Fricker von der Musikgesellschaft mitgestaltet. Die Tanz- und Unterhaltungsmusik gewann nun immer mehr an Bedeutung. Laut mündlichen Informationen stammen aus jener Zeit etliche handgeschriebene Notenhefte mit Tanzmusik, von denen aber bisher keines ausfindig gemacht werden konnte. Im Jahre 1899 holten die Musikanten den Pfarrer Kaspar bei dessen Rückkehr von einer Palästinareise am Bahnhof in Kisslegg ab.

Aus der Zeit von 1835 bis 1875 liegen uns weitere acht Dokumente vor, auf denen jeweils der Erhalt von vier Gulden zum Kauf von Geigensaiten quittiert ist. Es wirken demzufolge Streichinstrumente an der Seite des Kirchenchors mit.

Die eigentliche Geschichte der Musikkapelle Leupolz beginnt dort, wo eindeutig nachgewiesen ist, dass die Musikanten in eigener Regie tätig wurden und auch ohne Mitwirkung von Sängern auftraten. So etwas wie eine Gründungsurkunde existiert jedenfalls nicht, da die Musikkapelle offensichtlich aus dem örtlichen Kirchenchor hervorging und sich erst nach und nach von diesem löste und selbständig wurde.

Aus dem Jahre 1838 stammen nun zwei weitere Schriftstücke, die den gesuchten Nachweis liefern. Bei dem ersteren handelt es sich um eine Zusammenstellung, die mit „Infentarium der Musikinstrumenten und Musikalien, welche auf den hiesigen Chor gehören“ überschrieben ist. Darin sind das Noten-material und die Instrumente aufgeführt, über die die damaligen Musikanten verfügten. Bei den Instrumenten ist jeweils noch der Wert derselben angegeben. Zu ihnen zählten auch vier Violinen, was die oben getroffene Feststellung untermauert.

Bei den aufgeführten Werken werden neben deutschen und lateinischen Messen, Requien und Vespern auch mehrere Harmoniestücke und Symphonien genannt. Was immer man in diesem Zusammenhang darunter verstehen mag, so ist doch wenigstens klar, dass es sich hierbei um Instrumentalmusik handelt. Die Musikanten traten zu diesem Zeitpunkt ohne Zweifel schon als Blaskapelle auf. Ob die erwähnten Streicher dabei ebenfalls beteiligt waren, lässt sich nicht feststellen. Bei dem zweiten Dokument aus dem Jahre 1838 handelt es sich um ein Protokoll über eine Sitzung des Stiftungsrates. Darin geht es um die Rechte der Kirchenpflege und des „Musikpersonals“ an den Instrumenten.

Nicht ganz geklärt ist, wer die Leitung der Kapelle zu diesem Zeitpunkt innehatte. Die Unterzeichnenden des Inventariums waren Organist Schradi und Chorleiter Grabherr. In dem Stiftungsratsprotokoll ist sowohl von einem Musikdirektor Grabherr als auch von einem Musikdirektor Schradi die Rede. Es spricht jedoch einiges dafür, dass Schradi die Instrumentalisten führte. Er nahm das Geld für die Musikanten in Empfang und erhielt ebenso die Mittel für den Kauf von Violinsaiten. Nach 1850 war jedenfalls erwiesenermaßen der örtliche Lehrer Ignaz Schradi Dirigent.

Das Amt wurde 1861 dann von dessen Sohn Xaver Schradi übernommen. Dieser war, wie sein Vater, Lehrer, Mesner und Organist. Da die jüngste „Violinsaitenquittung“ aus dem Jahre 1875 stammt, ist anzunehmen, dass der Brauch der Mitwirkung von Instrumenten bei der Aufführung von Messen noch lange Bestand hatte. Inwieweit das auf die Bläser zutrifft, ist nicht mehr auszumachen.

Die reine Blasmusik nahm jedoch einen immer größeren Raum im musikalischen Geschehen ein, was uns elf handgeschriebene Notenbücher aus dem Jahre 1869 zeigen. Hier tauchen keine Streichinstrumente mehr auf. Aus dieser Zeit stammt noch weiteres Notenmaterial, das Lehrer Schradi selbst schrieb oder durch gute Schüler schreiben ließ. Daraus ist zu schließen, dass die Musikgesellschaft, wie die Vereinigung damals hieß, vorwiegend bei kirchlichen Anlässen, Hochzeiten und Beerdigungen spielte.

Im Jahre 1871 holten die Musikanten laut mündlicher Überlieferung die vom Siebzigerkrieg heimkehrenden Soldaten am Bahnhof in Kißlegg ab. 1873 erhielt die Musikgesellschaft ihre erste Fahne. Ihr Träger war Marcell Stitzenberger, der Großvater des heutigen Ehrenvorsitzenden. Xaver Schradi gab Ende der Achtzigerjahre den Dirigentenstab an Wilhelm Graf aus Reute ab. Von diesem ist bekannt, dass er ein sehr begeisterter Blasmusikliebhaber war und viel Zeit auf sein Amt verwendete. Auf ihn folgte dann Josef Ernle aus Becken.

Über die Zeit bis zum Ersten Weltkrieg liegen uns etliche Aufschriebe aus der Pfarrchronik und aus der Gemeindechronik vor. So nahmen die Leupolzer Musiker zusammen mit den Karseer Kollegen 1886 am Bezirksmusikfest in Wangen teil. Im Jahre 1890 erhielt die Musikgesellschaft eine neue Fahne. Sie wurde laut „Der Argenbote“ von der Karl Neffschen Fahnenfabrik in Biberach gefertigt und kostete 180 Mark. Die Fahnenweihe hielt man am 10. August 1890. Die neue Fahne wurde wiederum von Marcell Stitzenberger getragen, der dies noch bis 1912 tat.

1910 spielten die Musikanten bei der Amtseinsetzung des neuen Schultheißen Mathäus Fricker.

Im selben Jahr übernahm dann Josef Fischer sen. den Taktstock. Er war ein begeisterter Liebhaber von Opern und Operetten. So nahm die Musikgesellschaft im Jahre 1924 am Wertungsspiel anlässlich des 4. Allgäu-Bundesmusikfestes in Kißlegg teil. Dabei erklang die Ouvertüre zur Oper Norma von Vincenzo Bellini.

Die Vereinsfahne trug inzwischen Xaver Hepp, der sie dann Anfangs der Dreißigerjahre an Josef Hildebrand übergab. Unter der Regie von Josef Fischer kleidete sich die Kapelle auch zum ersten Mal einheitlich. 1927 wurde eine dunkelblaue Uniform mit Schirmütze angeschafft. Sie wurde hergestellt von den örtlichen Schneidern Stitzenberger und Knöpfler.

Während der Diktatur der Nationalsozialisten wurde die Musikgesellschaft im Zuge der Gleichschaltung der Reichsmusikkammer unterstellt. Hier gab es etliche Schwierigkeiten, vor allem finanzieller Art. Es war ein jährlicher Beitrag zu entrichten, worüber uns ein umfangreicher Schriftverkehr unterrichtet. Zu den kirchlichen Festen kamen jetzt noch die von der Partei verordneten Feiern hinzu, wie das Erntedankfest, das Sonnenwendfest oder der 1. Mai. Außerdem hatte man auf den Parteiversammlungen, die ein- oder mehrmals im Jahr stattfanden, zu spielen.

Im Jahre 1939 übergab Josef Fischer sen. das Dirigentenamt an seinen Sohn Josef Fischer jun. Schon bald jedoch griff der Krieg nach dem jungen Dirigenten und einem Großteil der Musikanten. Während des Krieges begrenzten sich die Aktivitäten der Kapelle im wesentlichen auf die Beerdigung von Gefallenen. Dabei wirkten meist auch Musikanten aus der Nachbargemeinde Karsee mit. Während der Besatzungszeit hatte die Kapelle dann die Franzosen bei ihren Siegesfeiern zu unterhalten.

Nachdem dann Josef Fischer, der gesundheitlich stark angeschlagen aus der sowjetischen Kriegsgefangenschaft zurückgekehrt war, die Leitung der Kapelle wieder übernommen hatte, regte sich neues Leben. Es wurden junge Burschen für die Blasmusik gewonnen, die Josef Fischer alle selbst bei sich zu Hause ausbildete. Die Kapelle hatte nun eine beachtliche Größe und 1955 kleidete man sich wieder in eine neue Uniform, diesmal in hellblau.

Die Musikkapelle war aus dem Gemeindeleben nun nicht mehr wegzudenken. Zu erwähnen sind hier vor allem das Fronleichnamsfest und der alljährliche Bürgerball im Fasching. Die Hochzeiten der damaligen Zeit waren ohne die Mitwirkung der Tanzkapelle kaum vorstellbar. Dieses acht bis zehn Mann starke Ensemble, das auch vor dem Krieg schon Furore machte, wurde geleitet von Josef Brauchle sen., später von dessen Sohn Josef Brauchle jun. Geprobt wurde immer im Hause Brauchle, was vielen noch in lebhafter Erinnerung sein dürfte. Unvorstellbar wäre heute die damalige Gepflogenheit der Musikanten, nach jeder Runde zu den Tanzenden zu strömen, um den einzelnen Pärchen jeweils eine Mark abzuverlangen. Da dies eine zeitintensive Angelegenheit war, ging man später dazu über, Eintritt zu verlangen.

Nach und nach übernahm dann die Gesamtkapelle die Einsätze der Tanzkapelle, so dass diese Ende der Sechzigerjahre aufgelöst wurde.

Während der Diktatur der Nationalsozialisten wurde die Musikgesellschaft im Zuge der Gleichschaltung der  Reichsmusikkammer unterstellt. Hier gab es etliche Schwierigkeiten, vor allem finanzieller Art. Es war ein jährlicher Beitrag zu entrichten, worüber uns ein umfangreicher Schriftverkehr unterrichtet. Zu den kirchlichen Festen kamen  jetzt noch die von der Partei verordneten Feiern hinzu, wie das Erntedankfest, das Sonnenwendfest oder der 1. Mai. Außerdem hatte man auf den Parteiversammlungen, die ein- oder mehrmals im Jahr stattfanden, zu spielen.

Die Musikkapelle wurde 1953 ausgezeichnet für ihr 40-jähriges Mitwirken beim Blutritt in Weingarten. Diese Tradition geht bis zur Jahrhundertwende zurück. Sie wurde nur im Krieg unterbrochen, als die Blutfreitagsprozession verboten war. Im Jahre 1957 übernahm Josef Hildebrand die Fahne wieder. Er hatte sie in den Dreißigerjahren schon einmal getragen, gab sie aber vor dem Krieg an Paul Mohr ab.

Gesundheitlich angegriffen und überlastet – er war zugleich Organist und Leiter des Kirchenchores – gab Josef Fischer 1959 sein Amt als Dirigent ab. Er wurde zum Dank für seinen langjährigen Einsatz von der Kapelle zum Ehrendirigenten ernannt. Sein Nachfolger wurde Josef Ernle jun. aus Sommersried, der sich bereits um die Militämusik verdient gemacht hat. Zu dieser Zeit erweiterte die Kapelle ihren Wirkungskreis beträchtlich

kommt noch…