Religion

Gepostet am 16.10.2018

Als Maz, also Missionarin auf Zeit, ist dieses Thema natürlich auch nicht ganz unwichtig. Ich bin ja mit dem Ziel hierher gekommen, mitleben, mitarbeiten und mitbeten zu können. Dank der freundlichen, hilfsbereiten Art der Schulgemeinschaft und der Schwestern de San José habe ich mich inzwischen sehr gut eingelebt und bin Teil des Schulalltags geworden. Die Zeit mit den Klosterschwestern beschränkt sich leider nur auf ein gemeinsames Mittagessen. Die Arbeit im Kindergarten, im Sekretariat und bei den Sozialarbeiterinnen kommt hier tatsächlich auch nicht zu kurz. Wie hier gebetet und die katholische Messe gefeiert wird, möchte ich nun genauer beleuchten:
Zunächst einmal bestehen meine religiösen Aktivitäten hier aus der Mitarbeit im „pastoral juvenil“, also einer Jugendpastoralgruppe, die ein bisschen vergleichbar mit Kolpinggruppen aus Deutschland ist, und dem Besuch der Messe jeden Sonntag. Die Jugendpastoralgruppe trifft sich jeden Samstag Abend und bereitet sowohl die musikalische Gestaltung der Gottesdienste als auch verschiedene Aktionen für Kinder und Jugendliche vor. Einmal fand beispielsweise eine „feria de la biblia“ statt. Das war eine Art kleiner Rummel, auf dem eine Band religiöse, spanische Lieder gespielt hat und die Besucher an verschiedenen Ständen Spiele wie z.B. Kreuzworträtzel, Quiz, Bilder Geschichten zuordnen… spielen konnten und dadurch mehr über die Bibel erfahren haben. Die fröhliche und lockere Atmosphäre hat mich sehr beeindruckt und ich kann mir vorstellen, dass einige Jugendliche an diesem Tag mehr gelernt haben, als im Religionsunterricht in der Schule.
Diese freudige Atmosphäre ist auch im katholischen Gottesdienst zu spüren. Der Ablauf und die Gebete sind zwar haargenau gleich wie in Deutschland, allerdings sind die Lieder, die meistens von Gitarre, Ukulele und Trommel begleitet werden, viel rhythmischer, fröhlicher und veranlassen nicht selten die Gläubigen dazu mitzuklatschen. Dazu kommt, dass auch viele junge Leute den Gottesdienst besuchen. Die Fürbitten werden von fahnenschwingenden Kindern direkt aus der Bank vorgetragen und beim Friedensgruß ist die ganze Kirche in Bewegung, da auch die Mitmenschen zwei Reihen vor einem kräftig umarmt werden. Mir persönlich hat der Gottesdienstbesuch schon lange nicht mehr so gut gefallen wie hier.
Im Alltag ist der Glaube auch relativ präsent. Jeden Morgen werden die Kinder im Kindergarten gefragt, für wen sie heute besonders beten wollen und dann wird gemeinsam das Vaterunser bzw. „Padre nuestro“ gesprochen. Vor dem Mittagessen mit den Klosterschwestern wird natürlich, wie es von richtigen Schwestern zu erwarten ist, immer dem Herrn für seine Großzügigkeit gedankt. Auch bei meiner Gastmutter in Sucre konnte ich beobachten, dass jeden Morgen im Auto, wenn sie die Kinder in die Schule brachte, ein Vaterunser für die Verkehrsteilnehmer und andere liebe Menschen gebetet wurde. Natürlich sind das persönliche Eindrücke meinerseits, aber das hat mich doch fasziniert. Ich denke wir können bei einigen Dingen viel von unseren bolivianischen Mitmenschen lernen.