Fastenzeit und Ostern

Gepostet am 06.09.2019

In den Monaten März und April kamen einige kirchliche Aktivitäten wegen der Fastenzeit auf mich zu. Jeden Freitag spielte eine andere Jugendgruppe unserer Kirchengemeinde „Copacabana“ abends in der Dunkelheit den Kreuzweg nach. Die Familien, die auf der Strecke lagen, bereiteten kleine Hausaltäre vor, an denen wir betend und singend kurz innehielten. Allgemein fand ich das sehr, sehr beeindruckend. Als unsere Jugendpastoralgruppe dran war, durfte ich auch äußerst witzige Proben miterleben, die mir nochmal das Gefühl gaben wirklich Teil dieser Gruppe zu sein. Eine andere Aktion der Fastenzeit war, dass wir jeden Sonntag ein großes Jesuskreuz unserer Kirche in verschiedene Familien trugen, damit sie eine Woche lang sozusagen „in Begleitung von Jesus Christus“ leben und nochmal intensiver ihren Glauben im Alltag reflektieren konnten. In jeder Familie wurde dann noch zusammen gebetet, musiziert und reichlich gegessen. Wieder einmal beeindruckte mich, wie die Jugendlichen hier in diese Kirchengemeinde miteingebunden werden.
Sogar die Lehrer mussten sich in diesen Wochen ein bisschen mit ihrer Rolle als glaubender und gleichzeitig unterrichtender Mensch auseinandersetzen und veranstalteten dafür einen „Retiro“, ein spirituelles Wochenende in einem kleinen Dörfchen hinter Sucre.
Vor den österlichen Feierlichkeiten gab es nochmal mehr Grund zum festen, denn am „Dia del Niño“, der „Tag des Kindes“, stellten wir Lehrer ein witziges, vielseitiges Programm auf die Beine. Wir spielten „Schneewittchen“, tanzten und sangen, was natürlich sehr gut bei den 3-12 jährigen Mädchen ankam. Ich wurde gebeten ein derzeit sehr angesagtes Lied in Bolivien zu singen, wobei mich eine große Tänzergruppe begleitete. Natürlich war ich recht aufgeregt, doch dann passierte etwas, was ich wohl nie wieder vergessen werde: Die ganze Turnhalle bebte! Die Kinder waren aufgesprungen, sangen lauthals mit und tanzten auf ihren Plätzen. Nach der Vorstellung fand ich mich in Mitten einer Schar „kleiner Fans“ wieder. Unglaublich!
Dann kam die Osterwoche, genannt „Semana Santa“. Schon morgens am Palmsonntag zogen echt viele Kirchenbesucher mit zum Teil riesigen Palmzweigen bestückt, singend zur Kirche, um dann dort der Sonntagsmesse zu lauschen. Abends bei beginnender Dunkelheit gab es dann noch eine öffentliche Messe mitten auf dem Hauptplatz von Potosí, der so ziemlich alle Priester der Stadt, Jung und Alt – wiederum mit Palmzweigen bewaffnet – beiwohnten. Das war wirklich ein ganz besonderes Erlebnis. Montag bis Mittwoch lief der ganz normale Schulalltag. An Gründonnerstag war dann ganz Potosí bis spät in die Nacht auf den Beinen, um errichtete Blumenaltäre in verschiedenen Kirchen zu besuchen. Für die „Hintergrundmusik“ in jeder Kirche sorgten die jeweiligen Jugendpastoralgruppen, also auch wir. Karfreitag morgen wanderte ich dann erneut mit der Jugendpastoralgruppe zu einer Lagune oberhalb Potosís. Wie es bei Freizeitaktivitäten häufiger vorkommt, kamen wir erst zweieinhalb Stunden nach dem offiziellen Treffpunkt los. Der Sinn der Aktion war es, auf dem Weg zu reflektieren und vielleicht auch etwas das Leid Jesu auf seinem letzten Gang nachzuempfinden, was bei der Steigung, dem steinigen Weg, welcher ins Nirgendwo führte, und der Hitze der prallen Sonne echt gut gelang. Außerdem waren wir mit Tüten voller Lebensmittel bepackt, da wir an der Lagune angekommen, ein Picknick mit Hamburgern machten. Natürlich durfte bei dieser Wanderung der Spaß auch nicht zu kurz kommen und wir spielten noch etwas Karten und Volleyball. Am Nachmittag hatte ich dann die Möglichkeit das erste Mal in der „Banda“ der Schule (eine Kapelle mit Fahnen, Trommeln, Trompeten, und Lyren), die einen weiteren nachgespielten Kreuzweg begleitete, mitzuspielen. Da ich noch keine Tracht hatte und das Mädchen, welches mir die Tracht ihrer Schwester mitbringen sollte, nicht aufkreuzte, spielte ich eben in Jeans und einer ausgeliehenen Jacke. Leider überraschte uns ein Hagelschauer, aber in der darauffolgenden Sonne trockneten wir wieder. Dem Gottesdienst zur Osternacht konnte ich leider nicht beiwohnen, da ich auf einer Hochzeit eingeladen war. Am Ostersonntag fand nach dem Gottesdienst eine „Kermes“ als Abschluss einer solidarischen Kampagne, bei der Geld für arme, kranke Kinder gesammelt worden war, statt. Dafür bereiteten verschiedene Gruppen unterschiedliche Gerichte vor, die dann für 20 Bs verkauft wurden.